Beispielaufgabe "Tunnelbau XXL" (Kalender 7-9, 2021)

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Kurz vor Weihnachten treffen sich die Wichtel für die alljährliche Routenplanung für die Weihnachtsnacht. Große Sorgen machen sich die Wichtel bei der Routenplanung über die Alpen, weil diese Route besonders gefährlich für den Rentierschlitten ist.

Wichtel Samia ist zum ersten Mal mit dabei und freut sich, nun auch etwas beitragen zu können. In der Pause hat sie einen Zeitungsartikel entdeckt, in dem es um die Baufortschritte des Brenner Basistunnels geht. Dieser Tunnel läuft durch die Alpen hindurch und wird nach seiner Fertigstellung mit 55 km einer der längsten Tunnel der Welt sein. Sie schlägt den anderen Wichteln diese Route vor.

„Nun ja, so ein Tunnel wäre schon praktisch...”, meint Pippin, „Aber bis der Tunnel fertig gebaut ist, dauert es ja noch ewig! Ich denke, wir kriegen das schneller hin. Lass uns nicht so lange warten und selbst einen eigenen Tunnel parallel dazu bauen. Dann kommen uns auch die Züge der Menschen nicht in die Quere.”

Agathe und Samia sind begeistert von der Idee und die drei fangen sofort an zu planen. Damit die Rentiere genug Platz haben und ihre Geweihe nicht an den Wänden schaben, soll der Wichtel-Tunnel einen rechteckigen Querschnitt haben und 5 Meter breit und 7 Meter hoch sein.

Samia betrachtet die ersten Planungsskizzen: „WOW, das wird aber ganz schön viel Arbeit! Allein, was wir da an Gestein heraus transportieren müssen. Ein Glück, dass wir diese riesigen quaderförmigen Transportschlitten haben. Die können aneinander gekuppelt hinter die Rentiere gespannt werden (siehe Bild). Jeder dieser Transportschlitten ist 5 Meter lang und kann ein Volumen von 25 m³ (Kubikmeter) Gestein transportieren.”

„Stellt euch mal vor,” stimmt Agathe ein, „wir würden so viele Schlitten aneinander kuppeln, dass wir das gesamte Gestein, das beim Tunnelbau ausgehoben wird, auf einmal wegtransportieren könnten. Was für ein endlos langer Schlitten-Zug das wäre!”

Wenn die Wichtel alle Transportschlitten, die man zum Abtransport insgesamt benötigt, aneinander kuppeln würden: Wie lang wäre der Schlitten-Zug dann ungefähr?

[Hinweis: Der Abstand zwischen den Schlitten und die Länge des Rentiergespanns muss nicht mit berücksichtigt werden. Der Wichteltunnel soll genauso lang werden wie der Brenner Basistunnel.]

a)
3 885 m
b)
198 km
c)
296 km
d)
385 km

Diese Aufgabe wurde vorgeschlagen von:

Das "Mathe im Advent"–Team
Mathe im Leben gemeinnützige GmbH
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Lösung:

Antwortmöglichkeit d) ist richtig. Der Schlitten-Zug wäre ungefähr 385 km lang.

Antwortmöglichkeit a) kannst du gleich ausschließen. Schließlich ist der Zug viel kürzer als der Tunnel lang ist. Welche der drei anderen Antwortmöglichkeiten richtig ist, kannst du durch eine „Überschlagsrechnung“ herausfinden.

Der Tunnel der Wichtel soll parallel zum Brenner Basistunnel verlaufen. Das bedeutet, dass auch der Wichtel-Tunnel 55 km lang wird. In Meter umgewandelt sind das

55 km · 1 000 = 55 000 m.

Die erste Frage, die du dir stellen musst, ist: Wie viele Transportschlitten werden benötigt? Es ist also die Frage, wie viel Gestein abtransportiert werden muss. Das bedeutet, du suchst das Volumen des Tunnels.

Der Tunnel hat einen rechteckigen Querschnitt, also die Form eines Quaders. Für die Berechnung des Volumens benötigst du deshalb die Länge, Breite und Höhe des Tunnels:

Volumen eines Quaders = Länge · Breite · Höhe

Die Daten dafür kannst du aus dem Text und der obigen Rechnung entnehmen: Der Tunnel soll 55 000 m lang, 5 m breit und 7 m hoch sein. Nun brauchst du die Werte nur noch in die obige Formel einsetzen:

Volumen des Tunnels = 55 000 m · 5 m · 7 m = 1 925 000 m³

Ingesamt müssen die Wichtel also 1 925 000 Kubikmeter (m³) Gestein abtransportieren. In einen Transportschlitten passt ein Volumen von 25 m³ Gestein. Wenn du nun das Volumen des Tunnels durch das Volumen eines Transportschlitten dividierst, erhältst du die Anzahl der benötigten Transportschlitten:

1 925 000 m³ : 25 m³= 77 000 Transportschlitten

Da ein Schlitten eine Länge von 5 m hat, haben 77 000 Transportschlitten eine Länge von insgesamt:

77 000 · 5m = 385 000 m

Die Meterangabe kannst du noch in Kilometer umrechnen: 385 000 m : 1000 = 385 km. Antwortmöglichkeit d) ist damit richtig.

Diese Abschätzung ist tatsächlich noch deutlich zu kurz. Wenn du zum Beispiel annimmst, dass zwischen zwei Schlitten immer ein Abstand von einem halben Meter ist, wäre der Zug sogar 385 km + 38,5 km = 423,5 km lang. Das ist länger als die Strecke von Köln nach Nürnberg! Die Länge des Rentiergespanns spielt bei solch einer Länge aber wirklich keine Rolle.

Blick über den Tellerrand: Der Brenner Basistunnel

Der Brenner Basistunnel ist eines der aktuell größten und bedeutendsten Bauprojekte Europas. Es soll eine Eisenbahnstrecke unterhalb der Alpen zwischen Innsbruck in Österreich und Franzensfeste in Italien (Südtirol) gebaut werden. Es wird mit der Eröffnung im Jahr 2032 gerechnet. Der Tunnel wird 55 km lang werden und zwei Eisenbahnröhren erhalten (eine Röhre für jede Fahrtrichtung). Zusammen mit dem Inntaltunnel in Innsbruck, der mit ihm verbunden wird, wird es mit 64 km die längste unterirdische Bahnverbindung der Welt.

Die Idee und die ersten Planungen liegen schon eine Weile zurück: Bereits im Jahr 1989 wurden erste Studien durchgeführt, um zu überprüfen, ob der Bau geologisch überhaupt möglich ist. Immerhin wird der Tunnel auf einer Höhe zwischen 550 und 750 m Höhe gebaut. Damit befindet sich Gestein von bis zu 1 720 m Höhe über der Tunnelröhre.

Im Jahr 2006 wurde erstmals damit begonnen, einen Erkundungsstollen zu graben. Das war noch nicht der Baubeginn des eigentlichen Tunnels, sondern eher ein Test, der unter anderem herausfinden sollte, ob der Tunnel diesen enormen Kräften standhalten kann.

Von BBT SE - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52371137

Der eigentliche Baubeginn war dann im Jahr 2011. Seitdem wurde fleißig gegraben. Es wird zwei Haupt-Tunnelröhren, einen Erkundungsstollen, Verbindungsröhren, Nothaltestellen und seitliche Zufahrtstunnel geben. Das ergibt eine Gesamtlänge von etwa 230 Tunnel-Kilometer. Davon wurden bis heute bereits über 148 km gegraben. Erst vor wenigen Wochen wurde die Grenze zwischen Österreich und Italien erreicht.

Die Tunnelröhren werden keinen rechteckigen Querschnitt haben, wie der Wichteltunnel. Der Querschnitt wird ein Kreis sein, denn der Bohrer hat eine runde Oberfläche. Eine Tunnelröhre hat also annähernd eine Zylinderform. Der Durchmesser der Eisenbahntunnel wird 8,1 m betragen. Damit kannst du berechnen, wie lang ein Zug wäre, der das gesamte Gestein aus dem echten Tunnel abtransportieren würde: Ein normaler Güterwaggon ist etwa 15 Meter lang und fasst ein Volumen von 83 m³. Das Volumen eines Zylinders kannst du so berechnen, wobei r der Radius und h die Länge der Tunnelröhre ist (die „Höhe” des Zylinders):

V = π· r² · h ≈ 3,14 · r² · h

Die Kosten werden aktuell auf mehr als 8 Milliarden Euro geschätzt. Deshalb gibt es auch Menschen, die argumentieren, dass sich der riesige Aufwand gar nicht lohnen würde. Die Bauleitung verspricht jedoch, das Projekt werde „zu einer markanten Verbesserung der Reise- und Transportmöglichkeiten im Herzen Europas führen.”

Mehr über den Tunnel kannst du auf der Website des Projekts erfahren.

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